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Yannick Schmidt ist bei der Kölner Agentur „Die Nerds“ als Performance Marketing Manager tätig. Seit Sommer 2022 verantwortet er zusätzlich den Bereich B2C. Als offizieller Partner der Kurzvideo-Plattform TikTok stehen die Nerds in der ersten Reihe, wenn es Neuigkeiten bezüglich TikTok Ads gibt.

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Mithilfe von TikTok Ads von null auf hundert bei TikTok durchstarten – inwiefern ist das möglich? Die Kurzvideo-App hat sich innerhalb kurzer Zeit auch in Deutschland so beeindruckend entwickelt, was Nutzung und Reichweite betrifft, dass sie großes Potenzial für Werbetreibende bietet. Dennoch zählt TikTok für viele Unternehmen noch zu den großen Unbekannten, wenn es um Social-Media-Werbung geht.

Doch Yannick Schmidt und sein Team von den „Nerds“ arbeiten daran, das Geheimnis hinter TikTok und seinen Werbemöglichkeiten zu lüften. Hier erklärt er uns, wie TikTok Ads aufgebaut sein sollten und gibt konkrete Tipps zum Start. Inwiefern sollte ein Unternehmen mit einem eigenen Account bei TikTok aktiv sein, bevor es mit Ads startet? Interessant ist ja gerade, dass man auch als Unternehmen ohne eigenen Account über Werbung Reichweite und Sichtbarkeit auf der Plattform erzielen kann.

Yannick: Grundsätzlich ist für das Ausspielen von Anzeigen kein eigener Account auf TikTok notwendig. Daher ist es kein Problem, von Anfang an mit TikTok Ads zu starten. Man kann einfach ein Profilbild auswählen und eine Caption einfügen. Dazu muss man verstehen: In der Regel ist das Ziel auf TikTok nicht, mehr Follower zu erhalten, denn diese haben kaum einen Einfluss auf die organische Reichweite.

TikTok ist sehr auf Content fokussiert. Die Plattform spielt Inhalte aus, weil sie den Nutzerinnen und Nutzern gefallen und nicht, weil bestimmte Personen bzw. Accounts etwas posten. Natürlich kann ein leeres Profil zu Trust Issues führen. Ein aktives TikTok-Profil schafft für Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten eine Markenwelt zu inszenieren, Vertrauen zu schaffen und Argumente zu liefern, dass der potenzielle Kunde die richtigen Entscheidungen trifft.

Es gibt bei TikTok die sogenannten „Spark Ads“, die wir sehr häufig in Setups und Kampagnen nutzen. Hier werden bereits gepostete, organische Inhalte nochmal mit Budget gepusht. In der Regel werden diese Ads deutlich schneller und zielgerichteter an die Zielgruppe ausgeliefert und haben dadurch eine bessere Ausspielung. Daher können eigene, organische Inhalte ein Vorteil sein, sind aber nicht zwingend notwendig.

TikTok birgt derzeit großes Werbepotenzial. Worin unterscheidet sich die Plattform in Bezug auf Anzeigen von den Meta-Plattformen?

Yannick: Zunächst sind TikTok Ads immer noch neu und der Wettkampf um die besten Werbeplätze ist nicht so umkämpft wie auf anderen Plattformen. Das äußert sich in der Regel auch im Preis, zu welchem man Reichweite, Klicks und Conversions einkaufen kann. Hier stellt sich natürlich die Frage, wie lange das noch der Fall sein wird. TikTok entwickelt sich auch hier stetig weiter und fügt beispielsweise neue Kampagnenziele wie Conversions und Lead-Kampagnen hinzu.

Des Weiteren haben wir auf Tiktok einen sehr starken Fokus auf den „For You“-Feed und somit eine Inventar-Konzentration. Nutzerinnen und Nutzer navigieren nicht so stark durch unterschiedliche Formate wie beispielsweise auf Instagram. Dort gibt es mit Feed, Explore Tab, Stories und Reels gleich vier Bereiche, in denen Ads ausgeliefert werden können. TikTok bietet Werbetreibenden zudem eine spannende Möglichkeit an, Festplatzierungen zu buchen.

Auf TikTok ist sehr wohl eine kaufkräftige Zielgruppe vorhanden

So können durch „Top View Anzeigen“ gezielt Anzeigen gesteuert werden, die Nutzer*innen direkt als Erstes sehen, wenn sie die App öffnen.

Ein weiterer Unterschied, der sowohl für Werbetreibende, aber auch für Nutzerinnen relevant ist, ist die Sound-on-Umgebung, die TikTok Ads bietet. Das Verhalten der Nutzerinnen ist ein anderes als beispielsweise bei Instagram, weil der Ton von TikTok-Videos in der Regel an ist.

Somit ist TikTok Ads für Werbetreibende noch einmal spannender, weil sie in ihren Videos mit Hilfe von Voice-over und Musik verstärkt Mehrwert liefern können. Das kann man natürlich auch auf Instagram machen, jedoch kann man davon ausgehen, dass der Ton hier weniger stark aufgenommen wird.

TikTok wird ja immer noch häufig mit tanzenden Teenagern assoziiert. Für welche Themen und Zielgruppen eignen sich TikTok Ads überhaupt?

Yannick: Nach fast zwei Jahren, in denen TikTok durchgehend in den Top 5 der heruntergeladenen Apps rangiert, wird diese Plattform definitiv nicht mehr „nur“ von tanzenden Teenagern genutzt. Das wäre rein statistisch nicht möglich.

Wir haben auch Kampagnen, die sich gezielt an die Zielgruppe 30+ richten, die genauso erfolgreich sind. Hier sollten sich Unternehmen von dem Gedanken freimachen, dass auf TikTok nur Teenager unterwegs sind. Es ist sehr wohl eine kaufkräftige Zielgruppe vorhanden.

Diese Werbemöglichkeite gibt es mit TikTok Ads:

IN-FEED ADS: Videos im Vollbild-Format TOPVIEW ADS: In-Feed-Anzeigen, die Nutzer*innen beim Öffnen der App als Erstes sehenBRANDED HASHTAG CHALLENGE: Community-Aktion auf Discovery Page – Nutzer*innen erstellen eigenen Content zu einem HashtagSPARK ADS: Organische Videotypen bewerben, um ihre Wirkung zu maximieren – die eigenen oder von Creators erstellte Videos BRANDED EFFECTS: Eigene 3D-/AR-Effekte oder Lenses, die Nutzerinnen in ihre Videos einbauen könnenCUSTOM INFLUENCER: Kampagnen mit Content CreatorsInzwischen können Werbetreibende auf TikTok zwischen den verschiedensten Werbezielen im Ads Manager wählen.

Welche Kampagnenziele gibt es bei TikTok?

Yannick: Es gibt verschiedene Kampagnenziele, die momentan regelmäßig erweitert werden. Man kann auf Reichweite, Traffic, Video Views, Leads, Interaktion, App Installs und Conversions optimieren. Anders als bei Meta, wo man Instagram, Facebook und das Audience Network hat und bei Anzeigen zwischen dem Feed, dem Such-Feed, dem Messenger, Stories, Reels und Co. auswählen kann, gibt es bei TikTok aktuell nicht so viel zur Auswahl. Der Fokus sollte zunächst auf TikTok bleiben.

Vor allem bei Ads sollte man auf die einzelnen Funnel-Schritte achten. Wie stark sollten Unternehmen diese Stufen bei TikTok Ads beachten?

Yannick: Gerade in der TikTok-Umgebung empfiehlt es sich unserer Erfahrung nach, vor allem die Inhalte der Anzeigen auf verschiedene Funnel-Stufen anzupassen. Das Kampagnenziel „Awareness“ kann auf TikTok sehr stark sein – einfach weil das die günstigste Art der Ausspielung ist und man hier auch mit einem kleinen Budget schon weit kommt.

Die Halbwertszeit eines TikTok-Werbemittels ist deutlich geringer

Man kann aber auch Ads schalten, die auf einzelne Verwendungsanlässe mit den Vorteilen des Produktes verweisen. Aber auch Abverkaufs-Ads über Conversion-Kampagnen funktionieren immer besser. Hier kann man beispielsweise zwei bis drei Rezensionen einblenden und erklären, warum diese Leute das Produkt gekauft haben, um die Nutzer*innen zum Kauf zu bewegen.

Werbung auf TikTok gilt als vergleichsweise günstiger. Wie viel Budget sollten Unternehmen für ihre erste Kampagne investieren?

Yannick: Mittlerweile muss man mindestens 50 Euro Tagesbudget auf Kampagnenebene auswählen. Also sollten Unternehmen schon etwas Budget dafür reservieren. Wir empfehlen aktuell 2.000 bis 2.500 Euro für die ersten vier bis sechs Wochen.

Man kann natürlich auch auf kleinerer Flamme kochen, jedoch bekommt man dadurch auch weniger Erkenntnisse und Zahlen ausgespielt, was wiederum weniger aussagekräftig ist. Grundsätzlich ist die Ausspielung von TikTok Ads aber im Vergleich zu anderen Plattformen günstiger. Natürlich kommt es auch immer auf die Zielsetung an. Anzeigenpreise können von Cent-Beträgen bis in den zweistelligen Bereich gehen.

Welche Herausforderungen und möglichen Probleme kommen auf Unternehmen beim Thema TikTok Ads zu? Welche Nachteile gibt es gegenüber Anzeigen auf anderen Social-Media-Plattformen?

Yannick: Eine große Herausforderung ist die Schnelllebigkeit der Plattform. Trends kommen und verschwinden rapide. Unternehmen sollten bereits frühzeitig auf einen Trend aufspringen, was eine schnelle Reaktion bedarf.

Eine weitere Herausforderung ist der Bewegtbild-Inhalt der Plattform. Diese Art von Content ist immer aufwendiger in der Produktion. Auch wenn man bereits über Video-Snippets verfügt, sind Videos definitiv herausfordernder als Bilder. Zudem merken wir immer wieder, dass bei TikTok-Kampagnen relativ schnell eine Sättigung der einzelnen Anzeigen eintritt, wir nennen es auch „Ad Fatigue“. Das heißt, dass Ads zunächst gut funktionieren, die Performance aber nicht lange stabil ist.

Ads auf Facebook und Instagram hingegen legen teilweise mehrere Wochen oder sogar Monate eine gute Performance hin, ohne permanent angepasst werden zu müssen. Die Halbwertszeit eines Werbemittels auf TikTok ist deutlich geringer als auf anderen Plattformen. Das macht TikTok Ads herausfordernder, denn man muss öfter und schneller reagieren sowie schneller und häufiger Werbemittel erstellen. Hinzu kommt, dass es sich bei TikTok ausschließlich um Bewegtbild handelt. Es reicht also nicht, nur ein Bild auszutauschen.

Auf Mikrotrends aufspringen kann Gold wert sein

Die drei häufigsten Fehler, die Unternehmen auf TikTok machen:

TikTok Ads zu lange laufen lassen, ohne frischen Wind hineinzubringen.Inhalte von anderen Plattformen 1:1 recyceln.Nicht auf die Community hören. Die von einem Unternehmen definierte Zielgruppe kann sich in Social Media von der tatsächlichen unterscheiden. Diese sollte aber nicht ignoriert werden.

Gibt es Themen oder Bereiche, für die TikTok Ads eher nicht funktionieren?

Yannick: Kategorisch ausschließen würde ich ungern etwas, das nicht bereits von vornherein durch die Guidelines ausgeschlossen wird, wie z. B. Werbung für Alkohol. Wir haben inzwischen schon wirklich viel gesehen. Die Plattform entwickelt sich momentan sehr schnell. Es kommen immer mehr Funktionen dazu und vieles wird von anderen Social-Media-Plattformen adaptiert.

TikTok ist hier einfach viel zu dynamisch, als dass ich sagen könnte, dass man von bestimmten Dingen die Finger lassen sollte. Natürlich sind Produkte, die man präsentieren kann, aktuell noch die „low hanging fruits“. Man kann hierbei zum Beispiel Conversion-Kampagnen für Abverkaufs-Anzeigen schalten, auf User Generated Content zurückgreifen oder das Produkt in einem Unboxing zeigen. Mittlerweile schalten wir zum Beispiel auch erfolgreich Lead-Ads, die extrem spannend für das Thema Recruiting sein können.

Wichtiger als die Branche oder das Geschäftsmodell ist vielmehr das Unternehmen selbst und dessen Mut zur konzeptionellen Freiheit und Kreativität, um die Plattform bestmöglich nutzen zu können. Es gibt unzählige Beispiele von Cases und Unternehmen, die auf der Plattform erfolgreich sind, von denen man das nicht unbedingt erwartet hätte. Man wird in der Regel eher positiv überrascht, als dass es andersherum der Fall ist.

Eine der großen Herausforderungen von TikTok ist das Bewegtbildformat. Sollten Unternehmen für ihren Content auf professionelle Content-Agenturen zurückgreifen oder reicht es auch mal, selbst einfach ein Video mit dem Handy aufzunehmen?

Yannick: Ausprobieren ist die Devise! Oft funktionieren auch schon selbst aufgenommene Videos sehr gut. Es kommt natürlich immer etwas auf das kreative Talent vor und hinter der Kamera an … Gerade zu Beginn sollte man sich aber nicht abschrecken lassen und einfach mal loslegen. Je nach Größe eines Unternehmens sollte sich tatsächlich eine Person mit der Community und dem Content befassen.

Es gibt zahlreiche Mikrotrends, die nur für eine bestimmte Zielgruppe funktionieren. Wenn ein Unternehmen auf so einen Trend aufspringt, kann das wirklich Gold wert sein. Sowas kann dann nicht nur die Verkäufe, sondern auch das Bild, welches ein Unternehmen nach außen hat, positiv prägen und bei der Zielgruppe pushen.

Was würdest du einem kompletten TikTok-Neuling raten? Was sollten die ersten Schritte sein?

Yannick: Investiere einen halben Tag, um die Plattform kennenzulernen. Verstehe, wie die Nutzer*innen ticken. Schau dir den Content an und versuche zu lernen, wie Inhalte aufgebaut sind. Recherchiere Wettbewerber, schau aber auch mal nach links und rechts.

Vielleicht gibt es Personen oder Unternehmen, die zwar aus einer anderen Branche kommen, aber trotzdem etwas Kreatives machen, das du übernehmen kannst. Zudem empfehle ich das Creative Center von TikTok. Hier kann man die jeweiligen Top Performer nach Kampagnenziel und Branche filtern. Anschließend heißt es: ausprobieren! Keine falsche Scheu zeigen und einfach starten und testen.

Das kann beispielsweise ein Unboxing sein oder ein Video zur Anwendung eines Produkts. Wichtig ist hier jedoch, dass nicht einfach blind Content von Instagram und Co. recycelt wird. Das funktioniert in der Regel nicht so gut und stößt die Nutzer*innen somit eher ab.

Das TikTok Creative Center bietet Einblicke in die aktuell erfolgreichsten Ads.

Social Media Manager können nicht auf dritte oder vierte Feedbackschleifen warten

Wie sollten Videos für Ads am besten aufgebaut sein, damit sie speziell auf TikTok erfolgreich sind?

Yannick: Die ersten Sekunden entscheiden, denn TikTok ist extrem schnelllebig. Wichtig ist, von Anfang an Aufmerksamkeit zu generieren und die Nutzer*innen durch einen Hook vom Weiterscrollen abzuhalten. Der Aufbau zu herkömmlichen Ads ist vom Prinzip her umgedreht, mit klarem Fokus auf Produkt und Marke.

Je nativer eine Anzeige aussieht, desto besser funktioniert sie. Die Logik dahinter ist: „Don’t make ads, make TikToks!“ Das Mantra der Plattform soll alle daran erinnern, dass Werbung auf TikTok insbesondere dann gut funktioniert, wenn sie möglichst nah an den organischen Inhalten ist.

Inwiefern sollten Unternehmen kreativ sein und die besondere „TikTok-Sprache“ sprechen? Liegt der Key zum Erfolg im Verständnis der Community?

Yannick: Auf jeden Fall sollten Unternehmen die Sprache ihrer Community verstehen, sprechen und auf Trends aufspringen. Wenn man TikTok öffnet, ist es direkt bunt und laut. Die Videos sind dynamisch und es sind sehr kreative Menschen am Start. Deshalb gibt es auch immer wieder neue Trends, die aufflammen, sich schnell verbreiten und aber auch schon wieder vorbei sind. Das macht es natürlich schwieriger für Unternehmen.

Sie können hier nicht mit einem Trend ankommen, der vor drei Wochen aktuell war. Social Media Manager müssen deshalb dynamisch handeln können und sofort reagieren dürfen. Sie können nicht auf eine dritte oder vierte Feedbackschleife warten.

Wir danken Yannick für das Gespräch und die wertvollen Tipps!

Das Interview führte Annabell Tiller.

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Dieser Artikel ist zuerst im SocialHub Mag #20/2023 erschienen. Das ganze Magazin mit
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